Was wir essen – oder nicht essen – hat direkte Auswirkungen auf das Klima. Deshalb sollten wir unseren Konsum von Lebensmitteln und unsere Routinen immer wieder überdenken. Genau das hat Louisa Tomayer in diesem Gastbeitrag gemacht und gibt Tipps, wie ihr nachhaltiger essen könnt.
Seit ich allein wohne, kaufe ich immer mehr loses Gemüse und Obst. Irgendwann, als ich es mir „leisten“ konnte, fing ich auch an, im Biosupermarkt oder auf (oft gar nicht so teuren) Märkten einzukaufen. Gern verzichte ich auf den ein oder anderen Schnickschnack, um mich dafür gesund und guten Gewissens zu ernähren. Dennoch erwische ich mich hin und wieder dabei, wie ich im Restaurant Fleischgerichte bestelle – weil „wenn schon denn schon“ oder mal schnell in einen Diskounter husche und dort unverpacktes wenngleich auch unmoralisch günstiges Obst und Gemüse zu kaufen. Jeder muss in seiner individuellen Lebenslage entscheiden, was er oder sie sich leisten kann und möchte. Ich teile aber das Motto, dass jeder Kassenbon ein Stimmzettel ist und wir einfach unseren generellen Konsum immer wieder überdenken und gewisse Routinen infrage stellen sollten. Zur Zeit ist Grüne Woche in Berlin. Das habe ich zum Anlass genommen, über unsere Lebensmittel nachzudenken und natürlich selbst aktiv zu werden.
Lieber ein bisschen bio, als gar nicht
Die ewige Frage, ob Bioprodukte zu teuer oder herkömmliche Lebensmittel zu günstig sind – und daher unter schlechten Bedingungen (unfaire Löhne, Pestizide, Antibiotika… etc.) produziert werden – treibt viele Menschen um. Für viele ist die Antwort auf die Frage aber einfach nicht relevant. Denn wer eine Ausbildung absolviert, studiert oder gering entlohnt wird, kann es sich schlichtweg nicht leisten, den kompletten Einkauf im Bioladen zu tätigen. Das verstehe ich gut, denn mir ging und geht es teilweise heute noch genauso. Es lohnt sich jedoch, bei einigen Produkten auf Bioqualität zu achten und diese dann eben weniger zu konsumieren. Ein gutes Beispiel hierfür ist Kaffee. Das hat gleich mehrere Gründe: Herkömmlicher Kaffee wird in Entwicklungsländern unter fragwürdigen Bedingungen hergestellt und die Bauern von Großhändlern und Konzernen gering entlohnt. Zudem ist die Produktion unglaublich wasserintensiv, pro Tasse (125 ml) werden 132 Liter Wasser benötigt (weitere Informationen dazu gibt es hier).
Regional vs. europäische Herstellung
Wenn ich eine Paprika im Supermarkt sehe, die aus Spanien oder Italien stammt, vermute ich eigentlich, dass diese unter menschenwürdigen Bedingungen angepflanzt und geerntet wurden. Das ist jedoch weit gefehlt, wie die ARD kürzlich herausfand. Rewe, Edeka, Kaufland und Lidl beziehen ihr Obst und Gemüse oft aus dem europäischen Ausland. Spanien hat im vergangenen Jahr Waren im Wert von über 3,8 Mrd. € nach Deutschland exportiert. Allein in der Region Almería arbeiten etwa 130.000 Menschen in der Landwirtschaft, rund 4.000 von ihnen leben in menschenunwürdigen Slums. Viele sind Flüchtlinge ohne Papiere, die von den Agrarbetrieben ausgebeutet werden. Sie arbeiten zu viele Stunden oder spritzen Pestizide ohne Schutzkleidung. In Italien erhalten die Erntehelfer z.T. nur 3,50 € in der Stunde. Wir haben das Glück, dass Deutschland doch vergleichsweise gut reguliert ist und vieles kontrolliert wird – auch wenn dies in einigen Bereichen wie der Massentierhaltung durchaus noch ausbaufähig wäre. Deshalb schaut euch an, wo die Produkte herkommen und kauft möglichst regional ein.
Kauft weniger Fleisch!
Gerade fordere ich mich selbst mit dem Veganuary heraus und esse einen Monat lang vegan (oder versuche es zumindest), Ich weiß jetzt schon, dass ich danach wieder Flexitarier sein werde, weil Verbote bei mir echt schlecht funktionieren, das habe ich nach einem Jahr vegetarisch leben gemerkt. Ich fühle mich dann zu eingezwängt, auch, wenn ich es moralisch richtiger fände, gar keine tierischen Produkte mehr zu konsumieren. Wer Tiere isst, sollte sich aber zumindest Gedanken darüber machen, wie diese gehalten werden und wie viel Fleisch pro Woche wirklich „nötig“ ist. Wer weniger isst, muss nicht bei den Discountern Billigware kaufen, sondern kann für etwas mehr Geld das Fleisch eines Tieres kaufen, das in seinem Leben keine qualvolle Stallhaltung auf engstem Raum ertragen musste und nicht mit Medikamenten und Leistungsfutter vollgepumpt wurde. Wer seinen Fleischkonsum reduziert, spart darüber hinaus auch jede Menge Wasser ein und sorgt dafür, dass weniger Flächen unseres Planeten sinnlos gerodet werden, damit Soja für die Tierfutterherstellung angebaut werden kann. Wie gesagt: jede Kaufhandlung kann auf lange Sicht Änderungen hervorbringen.
Keine Macht der Lebensmittelverschwendung
Früher habe ich leider ziemlich viele Lebensmittel weggeschmissen. Ich kann ein richtiger Kochmuffel sein, kaufe ein und habe dann lange keine Lust auf die Zubereitung aufwendiger Speisen und am Ende rottet die Hälfte meines Einkaufs so vor sich hin. Heute kaufe ich kleine, wirklich sehr kleine Mengen und schmeiße so kaum noch etwas weg. Manchmal fühle ich mich zwar etwas sonderbar an der Supermarktkasse, mit meinen zwei Möhren, sechs Pilzen, einer Zwiebel, aber was soll’s. Mir ist es lieber, schnell noch mal in den Markt zu huschen, als den Abfalleimer zu füllen. Zudem kaufe ich liebend gern die reduzierten Produkte ein, die am MHD schrappen – die sind günstiger und so erlaube ich mir auch verpackte Produkte zu kaufen, die ich sonst meiden würde. Wer Familie hat, organisierter als ich ist und gerne kocht, kann Gerichte und Einkäufe für eine Woche im Voraus planen und so schimmelige Kühlschrank-Gäste vermeiden. Was ihr sonst noch tun könnt: meldet euch bei Foodsharing an oder kauft krumm gewachsenes Gemüse, den Apfel mit einer Delle oder die einsame Banane, die sonst aussortiert und weggeschmissen werden. Einige Marktstände bieten es zudem an, am Ende des Tages die unverkäuflichen Waren zu einem günstigeren Preis zu erwerben.
Ihr seht also: es ist nicht schwer nachhaltig zu essen. Keiner muss direkt zum Selbstversorger werden. Wichtig ist, sich darüber im Klaren zu sein, wo unser Essen herkommt, welche Auswirkungen die Produktion auf Mensch und Umwelt hat und bewusster zu konsumieren.
Habt ihr euer Kaufverhalten bezüglich Lebensmitteln verändert oder habt ihr es vor? Welche Themen rund um die (nachhaltige) Produktion von Nahrungsmitteln würden euch noch interessieren?
Louisa Tomayer schreibt als Wastefreeberlin auf Instagram über Nachhaltigkeit. Außerdem engagiert sie sich in ihrer Freizeit für die Umwelt, zum Beispiel durch Clean Ups oder ihre Zero Waste Tours.
Noch mehr Infos? Könnt ihr haben:
Noch mehr Gründe, warum es sich lohnt, bio zu kaufen, findet ihr bei Smarticular: https://www.smarticular.net/vorteile-bio-lebensmittel/
Wer wissen möchte, wie unser Gemüse und Obst im europäischen Ausland angebaut wird, sollte sich unbedingt die Doku „Europas dreckige Ernte“ anschauen: https://www.youtube.com/watch?v=j7LclQRn3lg
Zum Thema Fleisch: Die Heinrich-Böll-Stiftung beleuchtet in ihrem Fleischatlas die politischen, sozialen, ökologischen und ökonomischen Probleme unseres Fleischkonsums. Nachzulesen hier: https://www.boell.de/de/2018/01/10/fleischatlas-2018-rezepte-fuer-eine-bessere-tierhaltung?dimension1=ds_fleischatlas_2018
Wie viel Lebensmittel wir wegschmeißen, was das für Auswirkungen hat und wie wir es vermeiden, dass wir unsere Tonne und nicht unseren Magen füllen, erfahrt ihr im Interview mit dem WWF:
https://greenerlicious.de/lebensmittelverschwendung-und-klimawandel/
Dieser Beitrag stellt tolle nachhaltiges Initiativen vor und kann daher als Werbung gesehen werden. Ich möchte aber betonen, dass ich dafür kein Geld bekomme. Ich stelle nur das vor, von dem ich selber überzeugt bin.