In Berlin Marzahn befindet sich eine wunderschöne grüne Oase – der Zero Waste Space. Hier steht das Green Tiny House von Katrin Hoffmann, umgeben von Bäumen und Hochbeeten. Doch was Katrin hier aufgebaut hat, ist mehr als ein Ort zum verweilen und ausruhen. Hier experimentiert sie, wie man mit nachhaltigen Materialien Müll vermeiden und nachhaltiger leben kann. Ich habe ihr an einem sonnigen Sonntagvormittag einen Besuch abgestattet und mit ihr darüber gesprochen, wie das Ganze funktioniert, was ihre Vision für die Zukunft ist und worauf man beim Bau eines Tiny House achten sollte.
Danke, dass du dir die Zeit nimmst, mit mir zu sprechen. Erzähl doch mal wo wir hier sind.
Wir sind hier im Zero Waste Space in Berlin Marzahn. Dieser besteht aus mehreren Teilen. Zum einen gibt es das Tiny House, eine Art mobile Workstation, in der ich arbeite, Leute treffe oder Workshops anbiete. Das ist quasi das Gedankenkonstrukt des Zero Waste Space, weil ich da drin mit dem Kopf arbeite. Außerdem gibt es noch einen Waldgarten. Ich habe die Bäume, die es hier schon gab, erhalten und die vorhandene Struktur genutzt, um nach Permakultur-Prinzipien Gemüse und Kräuter anzubauen. Im hinteren Bereich entsteht noch ein kleines Zero Waste Teehaus, wo man im Waldgarten in innerer Einkehr seinen Tee trinken kann. Hier baue ich Teekräuter an, sodass immer frische Kräuter zur Verfügung stehen und man keine Tüte aufreißen muss. Deshalb auch Zero Waste, weil kein Müll entsteht. Außerdem gehört zu dem Zero Waste Space der Ausstellungsbereich. Hier wird es Installationen geben, um zu experimentieren und zu zeigen, wie man im Haushalt ohne Müll leben kann.
Spannend! Was machst Du schon und was ist geplant?
Das Ziel ist, Elemente aus dem Haushalt nachzubauen. Bereits aufgebaut ist die Zero Waste Küche. Ich experimentiere momentan zum Beispiel mit einer Wasser-Recycling-Station. Unter das Waschbecken kommt noch eine Aufbereitungsanlage. Ich arbeite alte, traditionelle Methoden auf und schaue, wie man mit biologischen Materialien Wasser recyclen kann ohne das Müll entsteht. Es gibt natürlich Filterpatronen, die man sich einbauen kann. Die müssen aber alle zwei Wochen gewechselt werden. Das kostet nicht nur viel Geld, sondern es entsteht auch Plastikmüll.
Welche biologischen Materialien kommen in Frage?
Aus alten Büchern habe ich eine Liste zusammengestellt mit 30 Pflanzen, mit denen man Wasser klären kann, die aber kaum jemand kennt, wie etwa Sumpfpflanzen, Moringasamen oder sogar Senfsamen. Viele dieser Pflanzen kann ich hier in meinem Garten sogar selbst anbauen. Moringa wächst hier in Deutschland nicht, aber wenn ich die Fällung nutze und sie im Anschluss trockne, könnte man das eventuell noch als Brennmaterial nutzen und damit noch eine weitere Verwendung haben.
Wie kann ich mir das vorstellen. Wird dadurch aus Regen Trinkwasser oder eher Wasser, mit dem man duschen kann oder ähnliches?
Trinkwasser hat ja ganz strenge Hygiene-Auflagen. Es gibt zwar Möglichkeiten, aus Regenwasser Trinkwasser zu generieren. Dieses muss aber remineralisieren werden, sonst wirkt es im Prinzip wie destilliertes Wasser. Zudem ist da noch die Lagerung. Sobald Wasser steht, fängt es aufgrund der Bakterien an zu arbeiten. Sauberes Trinkwasser zu generieren ist also eine ganz schön knifflige Angelegenheit. Aber daran arbeite und forsche ich, denn das wäre natürlich das Ziel. Das Wasser, das ich hier mit Sumpfpflanzen, Moringa oder ähnlichem reinigen kann, müsste aber noch viele Laboruntersuchungen durchlaufen, ob es auch Trinkwasserqualität hat. Ansonsten kann man sich auf jeden Fall damit duschen, Wäsche waschen oder Beete bewässern.
Du probierst hier also quasi Dinge aus, die dann skalierbar sind, zum Beispiel auf andere Tiny Houses sind oder für solche, die autark leben wollen?
Genau, das kann ein Haus sein, ein Tiny House oder eine Gartenlaube. Im letzten Jahr war ja so ein Dürresommer und da ist in vielen Gegenden durch Extrembewirtschaftung auch der Grundwasserpegel gesunken. In Spanien zum Beispiel haben viele Haushalte einen Brunnen, doch durch die Dürre gab es kein Wasser mehr und sie mussten sich teuer mit Trinkwasser versorgen. Wenn man kleine Ideen entwickelt, wie man sein eigenes Wasser recyclen kann, kann das auch eine Lösung für solche Probleme sein.
Was hast Du noch geplant?
In die Zero Waste Küche kommt noch eine Feuerstelle. Außerdem plane ich noch ein Zero Waste Badezimmer und, wie schon gesagt, das Teehaus. Ich will aber nicht nur meine Sachen ausstellen, sondern auch anderen Leuten, die eine Idee, aber noch kein marktfähiges Produkt, haben die Möglichkeit bieten, das hier auszuprobieren und ihre Produkte vorzustellen.
Solche Experimente durchzuführen ist wahrscheinlich gar nicht so einfach. Was ist denn dein Background?
Das kann jeder! Ich selbst bin Diplomingenieurin und habe Informatik studiert. Aber ich habe mich schon immer für Nachhaltigkeit interessiert. Irgendwann gewann das dann eine Eigendynamik und ich hatte total Lust, solche Ideen und Produkte zu entwickeln. Zum Glück hatte ich auch immer die richtigen Leute, die mir Input gegeben haben. Alles andere habe ich mir selbst angeeignet. Ich bin felsenfest der Überzeugung, dass das jeder kann. Mit dem Zero Waste Space möchte ich auch andere motivieren, etwas auszuprobieren und ich biete hier den Raum, das zu tun. Ich mache auch Fehler, probiere aus und stelle dann fest, dass es nicht funktioniert. Trotzdem habe ich weitergemacht und dann entstehen so schöne Sachen wie hier. Neugierde ist der Antriebsmodus und das reicht aus.
Was wünscht du dir für die Zukunft des Zero Waste Space?
Meine Vision ist es, gemeinsam mit Betreibern von Festivals oder Events Ideen zu entwickeln, wie sie nachhaltiger werden können. Beim Umweltfestival in Berlin gab es zum Beispiel schon Eco-Toiletten. Das Ganze kann man noch weiterdenken und versuchen, Mehrweggeschirr zu verwenden, das dann zum Beispiel mit recyceltem Wasser gespült werden kann. Ich wünsche mir, dass Betreiber auf mich zukommen und gemeinsam etwas bauen, vielleicht auch kleine modulare Einheiten, die man ausleihen kann. Für mich ist der Zero Waste Space auch eine Möglichkeit, zu zeigen, was machbar ist und nicht nur davon zu erzählen. Ich habe immer wieder festgestellt, dass Leute, wenn sie zum Beispiel die Zero Waste Küche sehen, sagen, wie schön das aussieht und auch so etwas haben möchten. Plötzlich sehen sie: Nachhaltigkeit kann auch sexy sein.
Ich finde, hier spürt man auch sehr schön, dass Nachhaltigkeit nicht nur im Sinne der Umwelt verstanden werden kann, sondern auch gut für die Seele ist.
Genau, das ist auch der Gedanke hinter dem Zero Waste Space. Wenn man einen Ort schafft, der eine Ruhe ausstrahlt, wo man von Grün umgeben ist, dann fühlen die Leute sich der Natur näher. Sie fühlen sich wohl und verbinden mit Nachhaltigkeit nicht etwas, das Verzicht bedeutet. Sie merken, dass sie sich wohl fühlen und dass das etwas ist, dass sie sehr gut in ihren Alltag integrieren können. Das ist wichtig. Wenn man so eine kleine Oase wie hier hat, dann geht das in die richtige Richtung.
Immer mehr Menschen haben Lust, auf kleinerem Raum zu leben. Wie sieht das eigentlich rechtlich aus, wenn ich in einem Tiny House leben möchte?
Grundsätzlich gilt für alles, was Räder hat, also auch für ein Tiny House, die Straßenverkehrsordnung, denn dann ist es eine Mobile und keine Immobilie. Mit all den Vorgaben, die es da gibt, darf ich das Tiny House prinzipiell überall hinstellen. Allerdings muss ich es alle zwei Wochen umsetzen. Wenn ich permanent im Tiny House wohnen möchte, ist das schon problematischer. Da ist Deutschland in seinen Vorschriften noch sehr zurück. Sobald etwas Räder hat, darf man eigentlich nicht darin leben. Denn dafür braucht man eine Meldeadresse und eine Wohnanschrift. Wer also ein Tiny House bauen möchte, braucht eine Baugenehmigung, wie bei anderen Häusern auch. Eine Ausnahme bilden die Tiny Houses bis 10 m2. Das gilt dann quasi wie eine Laube oder ein Schuppen. Aber du darfst eben auch nicht drin wohnen. In meinem Tiny House darf ich leider noch nicht mal übernachten, weil hier Gewerbegrundstück ist. Es ist wirklich nicht ganz einfach und man muss sich ein wenig durch das deutsche Gesetz durchwurschteln.
Wie viel Arbeit ist es eigentlich, so ein Tiny House zu bauen und worauf sollte man achten?
Dieses Tiny House haben meine Freunde von Respace gebaut. Das war sehr viel Arbeit, denn sie haben sogar den Trailer selbst geschweißt. Das ist das einzige Tiny House in Deutschland, das eine Wechselbrücke mit so einem Trailer hat. Das Tiny House ist auf einem Stahlrahmen gebaut, der mit einer Ladungssicherung auf dem Trailer festgekoppelt ist. Nach deutschem Recht ist es damit kein Tiny House, sondern ein Trailer mit Ladung. Allein den Trailer zu bauen, hat schon eine Menge Zeit gekostet. Sie haben zu dritt oder zu viert über drei Monate jeden Tag daran gebaut – ohne Innenausbau. Das ist schon ein stolzes Stück Arbeit. Aber es lohnt sich, Zeit zu investieren und mit Profis zu arbeiten. Ich habe das Tiny House jetzt seit zwei Jahren und es ist noch alles top in Schuss. Es wurden auf viele Kleinigkeiten geachtet, die aber zum Werterhalt beitragen. Unten zum Beispiel steht das Haus ein Stück über der Grundplatte. Das ist wichtig, denn wenn der Regen drüber läuft, dann läuft das nicht in die Fassade, sondern tropft vernünftig ab. Ansonsten geht die Fassade ganz schnell kaputt und das ist ärgerlich, wenn man 30.000 oder 40.000 Euro in das Tiny House investiert hat. Ähnlich ist es beim Thema Ladungssicherung und Balance.
Was genau heißt das?
Wenn man das Haus transportiert, ist es ja Kräften ausgesetzt. Bei vier Meter Höhe, reicht schon ein leichter Wind, um ein Ungleichgewicht zu schaffen, wenn es nicht richtig ausbalanciert ist. Ein schlecht ausbalanciertes Haus birgt also auch immer eine erhöhte Unfallgefahr. Wenn das Haus dann nicht richtig befestigt ist, muss man dafür haften, wenn man zum Beispiel um eine Kurve fährt und es umkippt. Es ist wirklich nicht ungefährlich, so ein Ding zu transportieren. Immerhin wiegt es fast 3,5 Tonnen.
Du planst aber erstmal hier zu bleiben?
Ja, das wäre schön. Hier im Kesselhaus entsteht gerade eine tolle Community von Künstler*innen. Das ist der perfekte Ort in Berlin für den Zero Waste Space. Mein Traum wäre trotzdem, einen solchen Space auch in andere Städte zu bringen, zum Beispiel Paris, London oder Rom. Es gibt aber noch keine konkreten Pläne, alles ist offen.
Vielen Dank, liebe Katrin, für das Interview!
Hier findet ihr weitere Informationen zum Zero Waste Space und dem Green Tiny House: www.the-green-tiny-house.de oder schreibt Katrin unter info@the-green-tiny-house.de
Jeweils Freitag, Samstag und Sonntag könnt ihr den Zero Waste Space besuchen, und zwar hier:
Altes Kesselhaus Marzahn
Beilsteiner Str. 109
12681 Berlin