Noch bis Ende Februar kann man im Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln die Ausstellung „Fast Fashion. Die Schattenseiten der Mode“ besuchen. Es werden nicht nur die Missstände in den Arbeitsbedingungen, sondern auch die Umweltprobleme durch die Textilindustrie beleuchtet. Ich war vor ein paar Wochen da und habe meinen Besuch der Ausstellung zum Anlass genommen, mich mal näher mit den Problemen der Modeindustrie und den möglichen Lösungen auseinanderzusetzen. Der Text ist in zwei Teile geteilt. In diesem Beitrag beleuchte ich die Probleme der Textilindustrie, während ich mich in meinem nächsten Beitrag auf die Lösungen fokussiere.
Es gab mal eine Zeit, in der mein Kleiderschrank überquoll. Dennoch stand ich morgens davor und hatte nichts zum Anziehen. Was war die Lösung? Genau, mehr kaufen! Der Sinneswandel kam bei mir 2013 mit den Bildern vom Einsturz des Rana-Plaza-Fabrikgebäudes, bei dem mehr als 1100 Menschen starben. Auch europäische Unternehmen, wie Primark, Benetton, KiK oder C & A ließen hier ihre Kleidung produzieren. Obwohl die ArbeiterInnen schon am Tag zuvor Risse in der Wand entdeckt und gemeldet hatten, wurden sie gezwungen, das Gebäude zu betreten und zu arbeiten. Fast sechs Jahre nach dem Unglück und der großen Medienaufmerksamkeit, die es damals erhalten hat, hat sich gefühlt nichts geändert. Nach wie vor sprießen Fast-Fashion-Läden aus dem Boden und die Innenstädte sind voll mit Menschen, die riesige Tüten mit Kleidung nach Hause tragen. Laut Greenpeace kaufen deutsche Verbraucher im Schnitt 60 Kleidungsstücke pro Jahr – tragen diese allerdings nur noch halb so lang wie vor 15 Jahren. Immer noch steigt die Beliebtheit der Fast-Fashion-Riesen. Das Jahr nach Rana Plaza war das profitabelste der Industrie, heißt es in der Dokumentation „The True Cost“. Erst kürzlich hat Primark eine große Social Media Kampagne gestartet, in der das Unternehmen Influencer dazu aufruft, unter dem Hashtag #iworkwithprimark ihre Kleidung zu vermarkten. Unter dem Hashtag findet man zurzeit über 4.000 Beiträge (Stand Anfang Februar 2019). Unter dem Hashtag #iwouldneverworkwithprimark, den Maddie vom Blog „dariadaria“ als Gegenbewegung ins Leben gerufen hat, findet man zum gleichen Zeitpunkt knapp über 700 Beiträge. Wir sind also noch weit entfernt vom Ende des Fast-Fashion-Zeitalters. Und das obwohl doch mittlerweile ausreichend bekannt sein sollte, dass irgendjemand irgendwo draufzahlen muss, wenn ich ein T-Shirt für 5 Euro kaufe.
Billig, aber auf dem Rücken der ArbeiterInnen
„Jede arbeitende Person hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihr und ihrer Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen“ heißt es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen. Doch in der Textilbranche ist davon wenig zu sehen. Der größte Teil unserer Kleidung kommt aus Ländern mit niedrigen Lohn- und Produktionskosten, wie China, Bangladesh und der Türkei. Der Stundenlohn in den Textilfabriken beträgt hier im Durchschnitt 32 Cent. Das sind gerade mal 60 Euro im Monat. Arbeiterinnen und Arbeiter arbeiten oft 12 bis 14 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, Urlaub gibt es nicht. Dennoch reicht ihr Gehalt nicht, um ihre Grundbedürfnisse zu erfüllen. Auch psychische und physische Gewalt in den Fabriken sind nicht selten. So berichtet eine Arbeiterin in der Dokumentation „The True Cost“, dass sie eingeschlossen werden und während der Arbeitszeit nicht auf die Toilette gehen dürfen. Sicherheitsstandards in den Produktionsstätten sind extrem niedrig, was immer wieder zu Bränden und Einstürzen von Gebäuden führt. So war Rana Plaza zwar das wohl bekannteste, aber nicht das erste und leider auch nicht das letzte Unglück.
Auch die Umwelt leidet
Die Fast Fashion Industrie steht aber nicht nur aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen, sondern auch wegen ihrer desaströsen Ökobilanz in der Kritik. Nur die Ölindustrie verschmutzt die Umwelt mehr. Die Ausstellung „Fast Fashion. Die Schattenseiten der Mode“ im Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln hat aufgezeigt, wo die Probleme liegen: Schon bei der Gewinnung von Rohstoffen und der Herstellung von Fasern sowie in der Produktion werden große Mengen an Wasser und Energie in Form von Erdöl, Kohle und Gas benötigt. Weiter geht es mit der Abfallbelastungen und die Abgasemission auf den Produktions- und Handelswegen von Asien nach Europa oder Nordamerika. Denn unsere Kleidungsstücke legen im Durchschnitt 60-70.000 km bis zu ihrem Endziel zurück.
Ein weiteres Problem sind Chemikalien, die zum Beispiel zum Färben oder zur Veredelung der Kleidung verwendet werden. Diese fließen in die Flüsse nahe den Fabriken und vergiften sie. Das schadet nicht nur der Umwelt, sondern auch die Bevölkerung, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. 90% unserer Kleidung wird in Asien produziert, in Ländern, in denen der Einsatz gefährlicher Chemikalien weitestgehend unreguliert und Kläranlagen selten sind. Doch nicht erst in der Produktion, sondern schon beim Anbau von Baumwolle werden Chemikalien in Form von Pestiziden und Düngemittel eingesetzt. Pestizide werden außerdem für lange Transportwege eingesetzt, um Kleidung vor Schimmelbefall oder Schädlingen zu schützen. Davon können übrigens auch Bekleidung aus ökologischer Baumwolle betroffen sein. Zwar gibt es in Europa hohe Umweltauflagen, doch fehlt eine gesetzliche Regelung für den Import von Bekleidung in die EU sowie flächendeckende Einfuhrkontrollen, die Grenzwerte für enthaltene Chemikalien festsetzen oder kontrollieren.
Hinzu kommt das Problem Plastik. Mittlerweile enthält 60 Prozent unserer Bekleidung Polyester. Polyester wird aus nichterneuerbarem Erdöl hergestellt und die Produktion verbraucht jede Menge CO2. Außerdem löst sich bei jedem Waschgang kleine Partikel – Mikroplastik – die, weil sie für Kläranlagen zu klein sind, meist ungefiltert in unsere Gewässer gelangen.
Was passiert mit der Kleidung nachdem wir sie nicht mehr möchten?
Die Produktion von Fast Fashion hat so viele negative Auswirkungen auf Menschen und Umwelt, dass es eigentlich keine weiteren Argumente mehr braucht, darauf zu verzichten. Ich liefere aber trotzdem noch welche und zwar beziehen diese sich nicht auf die Produktion sondern die Entsorgung der Kleidung. Fast Fashion ist auf einen kurzen Gebrauch ausgelegt. Schlechte Qualität, schlechter Schnitt, ein Fokus auf Trends, die so schnell wieder vorbei sind, wie sie gekommen sind. Aber was passiert danach mit den Teilen, wenn man sich nicht mehr tragen möchte? In Deutschland werden jährlich rund 1,3 Millionen Tonnen Kleidung entsorgt, weltweit sind es sogar 62 Millionen Tonnen. Davon landen 80% auf dem Müll, nur 20% werden recycelt oder werden weiterverkauft, oft auf Märkten der Schwellen- und Entwicklungsländer, wo sie den lokalen Sektor zerstören (Quelle: Fast Fashion Ausstellung). Rund ein Viertel der in Deutschland gesammelten Altkleider wird recycelt. Allerdings wird daraus keine neue Kleidung, sondern Putzlappen oder Isolier- und Füllstoffe. Letztendlich also wieder Müll, dessen Lebensdauer ein bisschen verlängert wurde.
Was ist also die Lösung des Problems? Diese Frage lässt sich leider nicht in einem Satz beantworten. Daher habe ich ihr einen separaten Blogbeitrag gewidmet. Wer keinen neuen Beitrag mehr verpassen möchte, kann sich jetzt übrigens in den Newsletter eintragen.
Ihr wollt noch weitere Informationen? Könnt ihr haben:
Noch bis zum 24.2.2019 könnt ihr im Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln die Ausstellung „Fast Fashion – Die Schattenseite der Mode“ anschauen. Ein Besuch lohnt sich sehr. Weitere Informationen: http://www.fastfashion-rjm-koeln.de/
In der Studie „Konsumkollaps durch Fast Fashion“ von Greenpeace findet ihr jede Menge Zahlen und Infos zur Fast Fashion-Industrie.
Die Dokumentation „The True Cost“ zeigt in eindrucksvollen Bildern die Auswirkungen unseres Modekonsums. Unbedingte Empfehlung! Weitere Infos: https://truecostmovie.com/
Die Fashion Changers haben sich zum Ziel gesetzt, Faire Mode bekannter zu machen und aufzuklären. Hier findet ihr spannende Artikel, wie etwa „Was du trägst? Nichts weniger als ein politisches Statement„.
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